Wirkung von 'intergenerationalem' Lernen verstehen
- Patrick Vestner
- 25. März
- 3 Min. Lesezeit
Die meisten Vorurteile rund um das Älterwerden am Arbeitsplatz drehen sich um den Umgang mit digitalen Tools. Die Wissenschaft zeichnet zwar ein uneinheitliches Bild, konnte jedoch bereits die These, dass ältere Kolleg:innen grundsätzlich schlechter mit Technologien umgehen können, widerlegen. Dennoch hält sich diese Grundhaltung hartnäckig und desshalb ist ein besseres Verständnis an der Schnittstelle Alter x Digitalisierung für die künftige Gestaltung von Organisationen erfolgsentscheidend. Dazu gehört beispielsweise auch, dass kontinuierliches Lernen eine Schlüsselkompetenz ist und bleibt. Für die Gestaltung des Lern- und Weiterbildungsangebotes stellen sich Organisationen insbesondere folgende Fragen: Ist das Lernverhalten der Mitarbeitenden unterschiedlichen Alters im digitalen Kontext unterschiedlich? Lernen ältere oder jüngere Mitarbeiter:innen effektiver individuell oder miteinander? Setzen sie sich Lernziele oder einen Fokus? Wie wirkt sich ihr Lernverhalten auf ihre Arbeit aus? Etc.
Wir durften das innovative Pilotprojekt «Learning Generation Lab» des Kompetenzzentrums New Learning im Kanton Zürich evaluieren, in dessen Rahmen solche Fragestellungen untersucht wurden. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit Intrinsic und Aias durchgeführt und erprobte neue Wege des Lernens. Im Fokus der 'Lernreise' stand die intergenerationale Zusammenarbeit in Tandems mit grösserem Altersunterschied. Ziel für die Teilnehmenden war es, unterschiedliche Lernmuster im Umgang mit künstlicher Intelligenz (K) im Arbeitsalltag kennenzulernen und in den eigenen Lernprozess zu integrieren.
Evaluation als objektive Wirkungsmessung: Die qualitative Evaluation des Projekts hatte einen explorativen Charakter und verfolgte zwei wesentliche Ziele: Erstens, die individuellen und kollektiven Lernprozesse zu verstehen – sowohl aus der Perspektive der Lernenden als auch deren Kolleg:innen in ihren Organisationseinheiten. Zweitens, die kurz- und mittelfristigen Wirkungen des Programms zu erfassen. Die Teilnehmenden führten über acht Monate hinweg eine sogenannte Diary Study durch. Alle vier Wochen dokumentierten sie ihre Erfahrungen in strukturierten sowie offenen digitalen Tagebucheinträgen. Diese Methodik ermöglichte es, nicht nur die unmittelbaren Lerngewinne zu erfassen, sondern auch nachhaltige Wirkung auf die Organisation zu identifizieren.
Nutzen für zukünftiges, altersgerechtes Lernen: Die Evaluation lieferte diverse wertvolle Erkenntnisse. Die systematische Erhebung von Lernerfahrungen und Effekte der Lernreise auf das unmittelbare Umfeld schuf eine objektive und belastbare Perspektive. So konnte eine Entscheidungsgrundlage für die Fortführung des gewählten Lernformates und Entwicklung weiterer Lernangebote geschaffen werden.
Ausserdem zeigte die Langzeitanalyse über den Zeitraum des Pilotprojektes hinaus auf, welche Lerninhalte und Methoden mittelfristige Wirkung entfalten. So konnte beispielsweise auch aufgezeigt werden, welche Effekte lediglich während des Pilotprojektes aufkamen und im Anschluss verpufften. Des Weiteren wurden die Stärken und Schwächen des Lernformates datenbasiert identifiziert und den Erfahrungen der verschiedenen Altersgruppen gegenübergestellt. So konnten unterschiedliche Bedürfnisse von Lernenden jeglichen Alters identifiziert werden, um bei der Weiterentwicklung des kantonalen Lernangebots altersgerechte Massnahmen zu integrieren.
Implikationen für die Zukunft der Arbeit: Die Evaluation dieses Pilotprojektes unterstreicht drei Dinge, die wir für die zukünftige Organisationsgestaltung als essenziell anschauen.
Unternehmen müssen lebenslanges Lernen als Organisationsprinzip etablieren und das dafür bestmögliche Lernumfeld schaffen. Dies gelingt, wenn sowohl formale als auch informelle Lernprozesse fest verankert werden. Die Wissenschaft zeigt, dass sich Mitarbeitende grundsätzlich gerne weiterentwickeln – unabhängig vom Alter 😉. Diese Energie gilt es für Organisationen zu kanalisieren und gezielt zu fördern.
Die Evaluationsergebnisse zeigen, dass generationenübergreifendes Lernen Synergien schaffen, Zusammenarbeit vereinfachen und Wissen besser fliessen lassen kann. Gerade wenn die digitale Transformation über den Tellerrand der technischen Tools hinausdenkt (was erfahrungsgemäss leider zu selten passiert). So bringen jüngere Mitarbeitende beispielsweise technologische Affinität ein, während erfahrene Kolleg:innen ihr strukturelles und prozessuales Wissen beisteuern.
Datengetriebene Organisations- und Personalentwicklung hilft blinde Flecken zu sehen oder ein Bauchgefühl zu bestätigen. In Zeiten von Informationsüberfluss und polarisierten Gesprächskulturen schafft dies objektive Entscheidungsgrundlagen, die wiederum strategische Diskussionen vereinfachen können.

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